Offener Brief an alle Abgeordnete des deutschen Bundestags
Cottbus, 17.03.2025
Sehr geehrte Abgeordnete des Deutschen Bundestags,
Morgen werden Sie zur Änderung des Grundgesetzes bezüglich der Aufhebung/Aufweichung der Schuldenbremse abstimmen.
Die Folge wird sein, dass neue Schulden in Höhe von 900.000.000.000 - 1.500.000.000.000 € auf künftige Generationen zukommen. Eine so große Summe, die nahezu unvorstellbar, in jedem Fall aber unverantwortlich ist, diese künftigen Generationen aufzubürden.
Statt zu prüfen, wo bei einem jährlichen Steueraufkommen von 1 Billionen €, Einsparungen vorgenommen werden können, um die durchaus richtigen Ziele zu erreichen, wird nur auf neue Schulden gesetzt. Kein Unternehmen, kein familiärer Haushalt kann so unverantwortlich handeln. Wer Schulden aufnimmt, muss, wenn er verantwortungsvoll handelt, diese Schulden zu seinen Lebzeiten abzahlen! Schulden aufzunehmen, die dann die eigenen Kinder irgendwann abzahlen müssen, würden verantwortungsvoll handelnde Menschen wohl nicht tun, oder?
Die meisten von Ihnen haben selbst Kinder, in jedem Fall kennen Sie liebe Menschen aus ihrem Umfeld, die Kinder haben, würden Sie privat so handeln? Eine Regierung, die so handelt, tut nichts anderes. Sollte die Änderung des Grundgesetzes beschlossen werden, werden Ihre, die Ihrer Lieben und meine Kinder und Enkel diese Schulden begleichen müssen. Ich möchte das nicht und bitte Sie daher inständig, Ihrem Gewissen und Ihrer Verantwortung Ihrer Kinder gegenüber folgend, gegen diese neuen Schulden zu stimmen!
Erschwerend kommt hinzu – und das macht mir die meisten Sorgen – dass diese Abstimmung noch im alten Bundestag, eine Woche vor der konstituierenden Sitzung des neuen Bundestages, erfolgen wird. Der Bundestag, der durch die demokratischen Wahlen vom 23.2.2025 abgewählt wurde, soll nun noch über das Schicksal von Generationen entscheiden?!
Aus meiner Sicht eine eklatante, zutiefst unmoralische Missachtung des Wählerwillens. Einer demokratischen Gesellschaftsordnung unwürdig, für die Sie sich sehr engagiert einsetzen und wofür ich Ihnen ausdrücklich danken möchte!
Eine Demokratie lebt von der Beteiligung der Menschen und deren souveränen, durch demokratische Wahlen, ausgedrücktem Willen, nicht von rechtlichen Winkelzügen oder eine "man macht es, weil es geht". Daher darf ein scheidender Bundestag nicht mehr solche tiefgreifenden Entscheidungen über die wichtigste all unserer gesellschaftlichen Ordnungen – das Grundgesetz – entscheiden. Diese Entscheidungen obliegen ausschließlich dem durch demokratische Wahlen neu gebildeten Bundestag! Denn nur dieser ist durch demokratische Wahlen legitimiert, Entscheidungen solch großer Tragweite zu treffen. Es gibt keine Eilbedürftigkeit in der aktuellen Lage, die es erfordert Änderungen des Grundgesetzes eine Woche vor der konstituierenden Sitzung des neuen Bundestages vorzunehmen! Die Bundesrepublik Deutschland wird zum heutigen Zeitpunkt nicht angegriffen (und auch nicht innerhalb der nächsten Woche – für mein Dafürhalten überhaupt nicht), die Infrastruktur ist seit Jahrzehnten marode und auch das Klima, welches sich seit dem Entstehen unserer Erde stets verändert wird eine Woche warten können. Nichts also, was nicht eine Woche warten kann!
Wer das nicht respektiert, ist kein Demokrat, wer das nicht respektiert, handelt autoritär!
Wenn Sie diesen Änderungen des Grundgesetzes zustimmen, machen Sie öffentlich, was Sie von den Menschen in unserem Land halten, was Sie von Ihren Wählern halten. Dann sind Sie ganz persönlich dafür verantwortlich, dass die Menschen immer mehr das Vertrauen in Politik und in die Demokratie überhaupt verlieren und öffnen dem Extremismus weiteren Vorschub! Ist es das, was Sie wollen? Ich denke nicht. Ich denke, dass Sie als Abgeordnete sehr wohl die Menschen im Blick haben und Ihren Platz im Deutschen Bundestag nur dadurch verdient haben, weil Sie nur das tun wollen, was für die Menschen in unserem Land gut ist. insofern setze ich auf Ihre Vernunft!
Sie als Abgeordnete sind nur Ihrem Gewissen verpflichtet! Sie wissen, es gibt keinen Fraktionszwang! Sie können auch gegen die Linie Ihrer Partei abstimmen!
Ich fordere Sie daher auf: Bleiben Sie den demokratischen Grundsätzen treu, respektieren Sie die Menschen in unserem Land und ihren durch demokratische Wahlen ausgedrückten Willen, zeigen Sie Verantwortung gegenüber Ihren Kindern und Ihren Wählern und stimmen Sie mit "Nein" zur Änderung des Grundgesetzes!
Herzlichst, René Kaltschmidt aus Cottbus